Teil 2: „mach mal langsam“ – slow running

Während des Laufes einfach mal anhalten und auf einem Stein in der Sonne liegen? Für mich früher undenkbar!

Am Morgen steige ich mal wieder auf die Waage, die mir zeigt, ich bin zu dick. Kurz darauf ziehe ich natürlich meine Laufschuhe an und versuche mein schlechtes Gewissen von heute Morgen, wegzulaufen. Ich laufe mein Minimum von drei Kilometern. Alles darunter wäre ein sportliches Versagen. Ohne wirkliches Warmup, presche ich durch meine Laufstrecke. Der Blick auf die Fitnessuhr sagt mir, ich muss schneller laufen. Abgehetzt und unzufrieden komme ich Zuhause an. Mich hätten damals keine 10 Pferde davon überzeugen können, dass Laufen Spaß machen kann. Für mich war es eine Quälerei und diente alleine dazu, meinen Körper zu formen. Dieser Lauf war mal wieder einer der letzten Läufe, für längere Zeit.

Kennst du das, du gehst laufen, weil du denkst du musst – aus irgendwelchen Gründen – und hörst nach kurzer Zeit wieder damit auf? Du empfindest es mehr als Pflicht und weniger als Freude, Laufen zu gehen? Früher bin ich gelaufen, weil ich dachte ich „muss“. Dabei habe ich oft meine Körpersignale ignoriert, dass ich gerade eine langsamere Pace brauche. Ich habe oft Schmerzen im Fuß und in der Hüfte gehabt, bin aber nie auf die Idee gekommen, einfach mal die Geschwindigkeit raus zu nehmen. Das Laufen machte mir einfach überhaupt keinen Spaß und es war jedes Mal eine Quälerei. Als ich nach langer Pause wieder begann zu laufen, hatte ich schon einiges über Körperwahrnehung und Bewusstsein gelernt. Also lief ich sehr sehr langsam und spürte in meinen Körper hinein wann und wie sich Spannungen aufbaute. Es entstand eine Lockerheit und Leichtfüßigkeit beim Laufen, wie ich sie noch nie zuvor hatte. Die Fitnessuhr habe ich verschenkt. Ich laufe nach Körpergefühl und sobald ich Zeiten vergleiche, bringt es mich weg davon. Oder wie Soren Kierkegaard schrieb: „Der Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“. Und das gilt genauso für den Vergleich mit uns selbst, wie der Vergleich von uns mit anderen. Genau diesen Vergleich loszulassen fiel mir anfangs sehr schwer. Ich musste mich doch ständig verbessern? Und immer, wenn ein anderer Läufer oder Spaziergänger entgegenkam, steigerte ich die Pace. Ich merkte wie sich wieder Spannungen aufbauten. Es durfte doch niemand sehen, dass ich so langsam laufe. Durch den achtsamen Umgang mit mir selbst, merkte ich das nach und nach immer früher. Ich konnte diese Vergleiche ablegen und genau das, beflügelt mich heute beim Laufen. Ich fühle mich freier, leichter und glücklicher als je zuvor beim Laufen. Ich glaube, dass langsam Laufen uns viel mehr gibt, als irgendeiner Zeit hinterher zu rennen. Meist stresst uns der Alltag genug, wieso sollten wir uns auch noch beim Laufen, unserem Ausgleich, stressen? Außerdem entstehen Verletzungen oftmals durch eine Überlastung, eine zu Höhe PACE und zu viel Spannung im Körper. Ein entspannter Läufer hat ein viel geringeres Risiko sich zu verletzen. Außerdem bleibt er eher dabei regelmäßig Laufen zu gehen, wenn er dabei Entspannung erfährt, statt sich durch zu viel Druck zu stressen. 

Das war früher meistens der Grund wieso ich immer wieder das Laufen abbrach. Wenn ich entspannt laufe, laufe ich um des Laufens Willen. Ich fühle mich dadurch sehr gut. Ich kann während des Laufes mich einfach mal auf einen, von der Sonne gewärmten, Stein legen und genießen. Ich kann die schönen Dinge der Natur bewundern und mir auch während eines Laufes Zeit dafür nehmen. Dadurch komme ich viel besser vom Alltag runter. Die Gesundheitlich Effekte sind dadurch viel größer. Stress ist einer der größten krankmachenden Faktoren. Durch ein achtsames Laufen, kommen wir viel besser runter und die Bewegung ist trotzdem da. Wer sagt denn, dass Bewegung unter Leistungsdruck besser ist, als achtsamer Sport? 


Dadurch bleibe ich viel eher beim Laufen und gehe auch mal eine kurze Runde. Egal wie viele Meter ich laufe, es war ein guter Lauf, wenn ich bei mir war. Stell dir mal vor, du gehst für nur 200 Meter laufen! Ja, wenn das deine heutige Form so hergibt, dann ist das auch in Ordnung so. Und du bewahrst dir etwas „Laufhunger“, also die Freude beim Laufen, anstatt dich zu drängen. 

Also geh es mal langsam an und fühle nach was dir gut tut.